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Rentenanpassung 2023

SoVD-Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales: Verordnung zur Bestimmung der Rentenwerte in der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Bestimmung weiterer Werte zum 1. Juli 2023 (Rentenwertbestimmungsverordnung 2023 – RWBestV 2023)

1 Zusammenfassung des Referentenentwurfs

Nach dem Entwurf für eine Rentenwertbestimmungsverordnung 2023 werden die Renten zum 1. Juli 2023 in den alten Bundesländern um 4,39 Prozent und in den neuen Bundesländern um 5,86 Prozent erhöht. Damit gibt es ein Jahr früher als geplant einen einheitlichen aktuellen Rentenwert von 37,60 Euro. Das heißt, in den alten Bundesländern steigt der aktuelle Rentenwert von 36,02 Euro auf 37,60 Euro. In den neuen Bundesländern steigt der aktuelle Rentenwert (Ost) von 35,52 Euro auf ebenfalls 37,60 Euro. Außerdem wird das Sicherungsniveau vor Steuern (Rentenniveau) für das Jahr 2023 auf 48,15 Prozent festgesetzt. Den Berechnungen liegen die folgenden Entwicklungen zugrunde: 

Grundlage der Rentenanpassung 2023 ist eine Bruttolohnentwicklung im vergangenen Jahr von 4,5 Prozent in den alten und 6,78 Prozent in den neuen Bundesländern.

  • Der Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung bleibt unverändert bei 18,6 Prozent und wirkt sich damit nicht auf die Rentenanpassung zum 1. Juli 2023 aus.
  • Der Nachhaltigkeitsfaktor, der die Veränderung beim Verhältnis von Renten-beziehenden zu Beitragszahlenden abbildet, liegt bei 0,9990 und wirkt sich damit dämpfend auf die Anpassung aus.
  • Der Ausgleichbedarf in der gesetzlichen Rentenversicherung beträgt 1,0000 und hat damit keine Auswirkung auf die Rentenanpassung.  
  • Der Riester-Faktor wirkt sich nicht mehr anpassungsdämpfend aus, da im Jahr 2013 die letzte Stufe der sog. Riester-Treppe erreicht wurde. Die in den vergangenen Jahren von ihm verursachten Anpassungskürzungen wirken aber nach wie vor fort.

Für das Jahr 2023 ergeben die dem Referentenentwurf zugrundeliegenden Berechnungen ein Rentenniveau von 48,15 Prozent. Die Niveauschutzklausel muss demnach nicht zur Anwendung kommen. Der Verordnungsentwurf basiert auf geltendem Recht und führt aufgrund der positiven Lohnentwicklung erneut zu Rentensteigerungen. Durch die Bestimmung des aktuellen Rentenwertes bzw. des aktuellen Rentenwerts (Ost) und der Multiplikation mit den individuellen Entgeltpunkten, sowie den sogenannten Rentenart- und Zugangsfaktoren, ergibt sich der individuelle Monatsbetrag der Rente.  

Beispiel: 
Person A hat in den neuen Bundesländern gearbeitet, immer zum Durchschnitt verdient und 40 Jahre entsprechend Beiträge in die gesetzliche Rentenkasse ein-gezahlt (damit erhält die Person pro Jahr einen Entgeltpunkt (Ost) = 40 Entgelt­punkte (Ost)). Person A ist mit Erreichen der Regelaltersgrenze in Altersrente gegangen (d.h. ohne Zu- oder Abschläge = Zugangsfaktor von 1; Altersrente = Rentenartfaktor von 1). Der aktuelle Rentenwert (Ost) für 2023 beträgt 37,60 EUR.

Rechnung: 
37,60 EUR x 40 Entgeltpunkte (Ost) x Rentenartfaktor 1 x Zugangsfaktor 1 = 1.504,00 EUR monatliche Rente ab 1. Juli 2023

Im Jahr 2022 betrug der aktuelle Rentenwert (Ost) 35,52 EUR.

Rechnung: 
35,52 EUR x 40 Entgeltpunkte (Ost) x Rentenartfaktor 1 x Zugangsfaktor 1 = 1.420,80 EUR Die Beispielrente erhöht sich damit zum 1.7.2023 um 83,20 EUR monatlich. 

2 Gesamtbewertung

Die aktuelle Rentenanpassung beruht auf der Lohnentwicklung des vergangenen Jahres, die trotz schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen positiv ausgefallen ist. Dennoch gleicht die Rentensteigerung die aktuelle Inflation nicht aus. Das Institut der deutschen Wirtschaft hat die Auswirkungen der Inflation auf Rentner*innen untersucht und konnte dabei folgende Werte ermitteln:

  • „Im Jahresdurchschnitt 2022 lag die Inflationsrate für Rentner*innen der gesetzlichen Rentenversicherung bei 8,3 Prozent.
  • Rentnerhaushalte, die mit Öl heizten, mussten im Schnitt allerdings eine Inflationsrate von 9,2 Prozent verkraften. Mit Gas heizende Rentnerhaushalte kamen auf 8,4 Prozent, jene mit Fernwärme auf lediglich 6,9 Prozent.
  • GRV-Rentner*innen mit mittlerem Einkommen belastete die Inflation am stärksten.“ 1

Ausgehend von einer durchschnittlichen Inflation von 8,3 Prozent für Rentner*innen reichen die Rentensteigerungen von 4,39 Prozent im Westen und 5,86 Prozent im Osten nicht aus, um die Kaufkraftverluste auszugleichen.

Dennoch ist es richtig, die Lohnentwicklung als Grundlage für die Rentenanpassung beizubehalten und nicht die Inflation. Denn auf mittel- und langfristige Sicht ist die Anpassung an die Lohnentwicklung für die Anpassung der Renten günstiger. Der SoVD fordert daher weiterhin, dass sich die Renten genauso wie die Löhne entwickeln. Dafür ist es notwendig, dass das Rentenniveau bei 48 Prozent stabilisiert wird – so wie es von den Regierungsparteien im Koalitionsvertrag vereinbart wurde – und die Kürzungsfaktoren in der Rentenanpassungsformel gestrichen werden. Sinnvoller wäre es jedoch, das Rentenniveau nicht nur zu stabilisieren, sondern auf 53 Prozent anzuheben.

Damit würden zum einen die Kürzungen aufgrund des Riester-Faktors abgemildert werden. Der Riester-Faktor wirkt sich zwar nicht mehr auf die Rentenanpassungen aus, er hat die Rentenanpassungen allerdings in den zurückliegenden Jahren deutlich reduziert. Diese bereits realisierten Anpassungskürzungen werden fortwirken. Denn sie sind in den aktuellen Rentenwert eingeflossen, so dass der Ausgangswert für künftige Rentenanpassungen dauerhaft gemindert ist. Um dieses Fortwirken auszuschließen, müssten die nicht gerechtfertigten Anpassungskürzungen infolge des Riester-Faktors schrittweise wieder zurückgenommen werden. Dies könnte durch jährliche Zuschläge zu den Rentenanpassungen erfolgen, wie sie der SoVD als „umgekehrte Riester-Treppe“ im Rahmen seines Konzepts für eine Verbesserung des Rentenniveaus bereits mehrfach vorgeschlagen hat. Zum anderen könnten damit die aktuellen Kaufkraftverluste teilweise ausgeglichen werden.

Zu begrüßen ist aus Sicht des SoVD, dass der aktuelle Rentenwert (Ost) mit der Rentenanpassung 2023 den aktuellen Rentenwert erreicht hat. Der SoVD hatte lange dafür gekämpft, dass es einen einheitlichen Rentenwert in Ost und West gibt. Dies ist nun nicht erst ab dem 1.7.2024, sondern bereits im Jahr 2023 der Fall. Möglich wurde das durch die besonders positive Lohnentwicklung im Osten.

Die diesjährige Rentenanpassung zeigt einmal mehr, wie gut die gesetzliche Rente den wirtschaftlichen Krisen trotzen kann. Es kann auch nicht originäre Aufgabe der Rentenversicherung sein, die Inflation auszugleichen. Hier sollte der Gesetzgeber mit zusätzlichen Maßnahmen tätig werden, wie beispielsweise mit einem Inflationsgeld – zielgerichtet für diejenigen Rentner*innen, die besonders unter den hohen Preissteigerungen zu leiden haben. Darüber hinaus würde die Anhebung des Rentenniveaus auf 53 Prozent für insgesamt höhere Renten sorgen und vielen Rentner*innen den Lebensstandard sichern.

Berlin, 3. April 2023
DER BUNDESVORSTAND
Abteilung Sozialpolitik