Eine Stiftung wollte in Eutin einen inklusiven Spielplatz finanzieren. Das sollte im Seepark erfolgen, das Schloss gegenüber, direkt neben der Seeloge, dem tollen Integrationsbetrieb an der Eutiner Stadtbucht.
Das passt doch alles zusammen, möchte man meinen, aber … weit gefehlt. Liefen die ersten Beratungen im zuständigen Ausschuss der Eutiner Stadtvertretung noch durchaus freundlich, entwickelte sich mehr und mehr Widerstand. Es wurden Einwände formuliert und Hürden aufgebaut.
Für den Seepark haben Landschaftsarchitekten die Pläne gemacht. Es wurde behauptet, deren Urheberrecht stehe einer Veränderung durch einen inklusiven Spielplatz entgegen. Ein solcher wäre eine „Verunstaltung“.
Das empörte die Vertreter des SoVD in Eutin. Als Interessenvertretung für die Belange von Menschen mit Behinderungen sahen sie darin ein grobes Missverständnis und trugen das in einem Gespräch dem Bürgermeister vor. Wegen bereits entstandener Spannungen zwischen ihm und den Stiftern boten sie sich als Vermittler an. Man vereinbarte sich über das weitere Vorgehen. Ungeachtet dessen suchte der Bürgermeister von sich aus, ohne Information der SoVD Vertreter, den nochmaligen Kontakt zu den Stiftern, um ihnen klar zu machen, dass das Vorhaben keine Chance habe. Das verärgerte die Mäzene noch mehr und war ein Verstoß gegen die Abrede mit den SoVD Vertretern.
Zu dieser Zeit bestand noch ein Auftrag des zuständigen Ausschusses an die Verwaltung, die Machbarkeit des Vorhabens zu prüfen. Wirklich ernst wurde das nicht genommen. Dabei hat sich die Stadt mit dem „Aktionsplan Inklusion“ ein Programm gegeben.
Der SoVD sprach reihum die Fraktionen in der Gemeindevertretung an und warb für das Vorhaben. Es zeigten sich Vorfestlegungen und die CDU griff die Gesprächsbitte nicht einmal auf.
Inzwischen wurde die vertragliche Vereinbarung mit den Landschaftsplanern bekannt und, siehe da, es verhielt sich ganz anders als vom Bürgermeister behauptet. Die Stadt ist berechtigt, das Werk ohne Mitwirkung der Planer zu verändern. Das überragende Interesse der Stadt an einer Veränderung ergibt sich schon aus der Verpflichtung zu inklusiven Maßnahmen gemäß der UN Behindertenrechtskonvention, die als innerstaatliches Recht bindet. Das umfasst natürlich die Weiterentwicklung der vorhandenen bescheidenen Spielfläche auf der angedachten Fläche und der dortigen Geräte zu einem inklusiven Spielplatz.
Die bekannt gewordene vertragliche Regelung lässt das ablehnende Schreiben der Landschaftsplaner als möglicherweise bestellt und als ein unwürdiges Spiel der Stadt sowohl der Stadtvertretung wie auch gegenüber den Vertretern des SoVD und der Öffentlichkeit erscheinen.
Unterdessen nahm das Trauerspiel mit unsinnigen Vorschlägen seinen Fortgang. So wurde eingebracht, man könnte doch statt einer Anlage im Seepark vorhandene Spielplätze mit einzelnen inklusiven Spielgeräten ergänzen oder vielleicht einen anderen Standort nutzen.
Vorgeschlagen wurde der Platz unterhalb der Elisabethstraße am kleinen See. Wer ihn kennt und sich ihn als Spielplatz für Kinder mit Behinderungen vorstellt, fühlt sich verschaukelt. Da sollen Eltern mit einem Kind mit Behinderungen erst einen Anmarsch absolvieren. Es gibt dort weder Parkplatz noch ein WC.
Eine weitere Idee war eine dezentrale Ausstattung vorhandener Spielplätze mit einzelnen inklusiven Spielgeräten. Das ist einfach absurd: man müsste von Spielplatz zu Spielplatz fahren, um dem Kind sukzessive alle Spielmöglichkeiten nacheinander zukommen zu lassen. Kein Wunder also, dass die zunehmend verärgerten Stifter das ablehnten.
Eingewandt wurde auch, die angrenzende Fläche mit dem Spielschiff sei für kleinere Kinder geeignet, als ob es nicht um das gemeinsame Spielen von Kindern mit und ohne Behinderungen gehen muss. Die gewünschte Wiesenfläche solle, so hieß es vom Kinder- und Jugendparlament, von der Nutzung als Inklusionsspielplatz freigehalten werden. Sie habe eine hohe Aufenthaltsqualität für Menschen allen Alters (Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Senioren etc.), die mit dem Bau eines ergänzenden Angebots wegfiele. Das macht deutlich, dass es an einer ganz entscheidenden Bedingung für den Bau einer inklusiven Gesellschaft fehlt, nämlich der Bereitschaft der Nichtbehinderten für die Belange von Menschen mit Behinderungen einen kleinen Schritt zurück zu machen. Bekenntnisse zur Inklusion sind mit dieser Einstellung nur Propaganda, bloßes Wortgeklingel. Der „Aktionsplan Inklusion“ der Stadt Eutin beschreibt die Aufgabe sehr klar: „Inklusion bedeutet gleichberechtigte Teilhabe an der Gemeinschaft. Dies bedeutet eine unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft, Arbeit und Beschäftigung, einen angemessenen Lebensstandard und sozialen Schutz, Teilhabe am kulturellen Leben sowie an Erholung, Freizeit und Sport.“ Und der Aktionsplan fährt fettgedruckt fort: „Es geht darum, die Entwicklung einer menschlichen, sozialen und wirtschaftlichen Gesellschaft unter uneingeschränkter Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu fördern, ohne deren Bedürfnisse zu übersehen.“ Das bleibt ein Lippenbekenntnis, wenn es nicht durch Tatkraft und Vorhaben Realität wird.
Wie das Vorhaben „Inklusionsspielplatz“ kaputtgeredet wurde, ist beispielhaft für mentale Blockaden und Unaufrichtigkeit. Bei jeder Staatenberichtsprüfung der UN zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention kommt Deutschland schlecht weg. Für Kinder fehlen barrierefreie Spielplätze und Angebote nach dem Prinzip des universellen Designs. Die bestehenden Spielmöglichkeiten im Seepark sind für Kinder mit Behinderungen nicht zugänglich. Sie wurden bei der Planung einfach vergessen. Spielplätze kommen im „Aktionsplan Inklusion“ nicht vor. Das war eine Diskriminierung durch Unterlassen. Die aktuelle Verweigerung, durch Zubau den Mangel zu beseitigen, stellt eine Ungleichbehandlung durch aktives Tun dar.
Es bestand mit dem Angebot einen Inklusionsspielplatz für die Stadt Eutin die Möglichkeit, einen Leuchtturm für die Inklusion von Kindern zu erhalten. Die Chance wurde vertan. Die Interessen nicht behinderter Menschen wurden als wichtiger angesehen.
